Es ist Donnerstagmorgen 7:45 Uhr. Nach einer kurzen Nacht mit wenig Schlaf finde ich mich an der Tramhaltestelle Wettsteinplatz wieder. Wobei es sich aktuell vielmehr um eine Bushaltestelle handelt, denn seit knapp einer Woche wird die Linie 2 aufgrund der Baustelle am Centralbahnplatz mit Busersatz angeboten. Ich checke kurz die Anzeigetafel. Drei Minuten habe ich noch Zeit, um die News auf dem Smartphone zu lesen, bevor der Bus mich näher Richtung Arbeit bringt.
Ich scrolle mich also durch die NZZ-App, klicke die spannendsten Berichte an und verliere mich in einem Artikel zur Entwicklung der Wahlbeteiligung in der Schweiz. Wählen und Abstimmen, etwas vom Wichtigsten in einer direkten Demokratie, was auch wir Studierenden nicht vernachlässigen sollten. Plötzlich holt mich die Person neben mir mit dem Ausruf „Gottverdammi, scheiss BVB“ aus den Gedanken zurück auf den Wettsteinplatz. Ein Blick auf die Abfahrtstafel erklärt die Wut. Jetzt steht dort nicht mehr drei Minuten, sondern sechs Minuten. Und dies nach bereits fünfminütiger Wartezeit.
Rund 12 Minuten später und nur 50 Meter weiter stehe ich im überfüllten Bus auf der Wettsteinbrücke und überquere die Brücke im Schritttempo. Es herrscht Stau. Auch Verkehrsadern bekommen Thrombosen. Zwei Herren mit grauem Haar unterhalten sich neben mir angeregt. Beim Kunstmuseum angekommen lässt einer der beiden den Spruch „Dangge Hampe, nomol so e scheeni Baustell“ fallen. Ja, auch der St. Alban-Graben ist aktuell für jeglichen Verkehr gesperrt. SP-Regierungsrat Hans-Peter Wessels ist im Baurausch, womit deshalb sowohl für den Individualverkehr als auch für den ÖV aus dem Osten des Kleinbasels nur eine einzige Spur verbleibt, die ins Grossbasel führt. Alle Wege führen nach Rom, aber nur einer ins Grossbasel.
Da erinnere ich mich an die schönen Stunden mit der Modelleisenbahn, welche ich als kleiner Junge mit meinem Grossvater zusammen besass. Wir hatten vier Trasse-Stockwerke mit 15 verschiedenen Zugkompositionen und einer alten Telefonwahlscheibe, welche für das Ansteuern und Schalten der verschiedenen Weichen benötigt wurde. Bei diesem Hobby habe ich bereits früh gelernt, dass man niemals den ganzen Verkehr über nur eine Spur lenken darf. Der Kollaps des Verkehrssystems war ansonsten programmiert. Hampe Wessels besass anscheinend nie eine Modelleisenbahn.
Als ich nun nach dieser Odyssee das Büro betrete, bin ich Herrn Wessels doch dankbar. Dank der schönen Bauplanung in Basel sind mir meine Bürgerpflichten wieder bewusster geworden, und so werde ich bei den nächsten Regierungsratswahlen ganz sicher meine Stimme abgeben. Wenn das neben mir weitere Verkehrsteilnehmer in Basel tun, hat Herr Wessels vielleicht bald Zeit um doch noch Modelleisenbahn zu spielen.